Welcome to Miami! von Bild.T.Online.de

Tom

Florida-Beginner
Welcome to Miami!

Miami Beach hat sein Image poliert – dank TV-Serien und schriller Vögel

hilip Michael Thomas und Don Johnson (li) – als Polizisten-Duo in der TV-Serie Miami Vice spielten sie sich in den 80ern in die Herzen ihrer Fans – und weckten das Interesse an Miami in Florida

Florida – das Paradies für Amerikaner, die die Wintermonate in der Sonne verbringen möchten


New York ist die Nummer eins in Amerika. Am größten, am berühmtesten, am reichsten, am ärmsten. Am meisten geliebt, am meisten gehasst.
Und die Nummer zwei? Umstritten. Einst war es klar Los Angeles (und ist dies von der Einwohnerzahl, Promi-Dichte und Film-Produktionen her noch immer).
Doch seit Jahren stellt Miami Ansprüche. TV-Serien und Filme wie Miami Vice, CSI Miami, Nip/Tuck haben das Image mächtig aufpoliert.
Miamis Auto-Meile, der Ocean Drive, ist zwar winzig im Vergleich zum Sunset Boulevard – aber inzwischen genauso populär und genauso von Rolls-Royce, Bentley, Ferrari und Aston Martin verstopft. Nachbarschaften wie South Beach, Coconut Grove, Coral Gables, die Venetian Islands oder Key Biscayne haben längst keinen Respekt mehr vor Venice Beach, Malibu, Santa Monica, Beverly Hills oder den Hollywood Hills.
UND: Der Süd-Atlantik ist viel wärmer und einladender als der Pazifik!
Miami hat viele Spitznamen. Die Touristenbranche nennt es „die Riviera Amerikas“. Für die New Yorker ist es der „Winter-Spielplatz“. Für Geschäftsleute das „Tor zu Südamerika“. Manche nennen es einen Zirkus – wegen des hohen Anteils an „Individualisten“ (Schwule, Transvestiten, Models, Schauspieler, zwielichtige Gestalten aus Kolumbien oder Russland). Andere sprechen gleich von einem Zoo.
Ganz böse Zungen spotten gar: „God’s Waiting Hall“ (Wartehalle Gottes).
Früher hieß es so, wegen der vielen Rentner. In den späten 80er- und den 90er-Jahren, als Miami Beachs Rentner wegen der steigenden Preise wegzogen und die Stadt sich dramatisch verjüngte, behielt es den Titel. Wegen des enormen Anteils an HIV-Positiven. Zynisch, ich weiß. Aber ich habe das nicht erfunden, sondern berichte nur...
Ich werde im Winter den so genannten Schneevögeln folgen, die vor der Kälte der Nordostküste nach Miami fliehen – und natürlich meine Leser mit auf die Reise nehmen. Zur Einstimmung ein paar Beobachtungen, die ich in der vergangenen Woche in den ersten 24 Stunden nach meiner Ankunft gemacht habe.

• Mein erster Weg führt mich an die Lincoln Road, die Restaurant- und Flaniermeile von South Beach, der Südspitze der Insel. Sie erstreckt sich vom Atlantik (Ocean Drive) bis zur Biscayne Bay, von der aus man einen Traum-Blick auf die majestätische Skyline von Downtown hat. Ein Latino (Mitte 40, breite Schultern, Typ Macho) spricht mich an. „What’s up?“, sagt er. Was ist los? Das muss keine dumme Anmache sein, sondern kann heißen: Wie geht’s? Kann. Ich sage: „Nicht viel“, und blicke ihn verwundert an. Er zieht eine Marke und hält sie mir erklärend vor die Nase: „Ich bin ein Cop, suche nach jemandem. Sorry.“
Nach einer Überraschungs-Sekunde sage ich: „Ich bin unschuldig, bin gerade erst aus New York angekommen.“ Er: „New York, eh? Ich bin von Brooklyn.“ Wir reden ein bisschen. Dann sagt er: „Paul, nice to meet you.“ – „Heiko. Good talking to you.“ Er streckt mir die Faust entgegen. Coole Geste unter harten Jungs. Ich ramme meine Faust gegen sein. „Take it easy, man. See you.“ Als ich weiter gehe, muss ich lachen. Zu viel „Miami Vice“ gesehen oder was? Fakt: Die Polizei in Miami ist überall und knallhart.
• Im Café „Segafredo“. Ich sehe die schöne Kellnerin, die wie jedes Jahr noch immer in Miami ist. Mit versteinerter Miene nimmt sie meine Bestellung entgegen. Sie lacht nicht. Nie. Ihr Spitzname: Eisberg. Sie ist vor Jahren mit ihrem Loverboy aus Italien nach Miami gezogen und hier für ihn hängen geblieben. Sie ist unnahbar. Ob er so treu ist, da scheiden sich die Geister in South Beach.
• Ein Typ setzt sich an den Nebentisch. Ein Brite. Er hat englische Zeitungen dabei. Und eine Zigarre („Cohiba“) im Mund. Er steckt sie an, bläst mir den Rauch entgegen. Platzhirsch oder was? In Miami darf fast überall noch geraucht werden. Kubanischer Einfluss.
• Der Brite mit den „Scarface“-Manieren blickt auf, pfeift. Vier Grazien auf Pumps und in superkurzen und hauchdünnen Kleidern stolzieren an uns vorbei. Zwei sind eindeutig mit Silikon ausgestattet. Sie haben Mappen unter ihren Armen. Models. In Miami Beach werden viele Kataloge wie zum Beispiel von „Otto“ produziert.
• Gelächter. Leute zeigen mit dem Finger. Auf einen Typen, der mit einem weißen Hahn im Arm am Café vorbeigeht. Er genießt die Blicke. Clown sein ist sein Leben. Es gibt viele wie ihn in South Beach.
So viel für heute. Das Urlaubsparadies South Beach ist ein Zirkus. Doch es ist nur ein Teil Miamis. Die Stadt hat viel mehr Gesichter und bietet viel Kolumnen-Stoff. Sie hat einen der modernsten und größten Container-Häfen und ist der Sitz der größten Kreuzfahrt-Gesellschaft der Welt. Sie ist Amerikas Drogenumschlagplatz Nummer eins. Sie hat Nachbarschaften, die von südamerikanischer Eleganz geprägt sind. Sie hat die größte Motoryacht-Messe und mit „Art Basel“ die renommierteste Kunstausstellung der Welt. Und jede Menge Sonne.

Quelle: Bild.T.Online.de
 
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