Fernflüge auf der Kippe
Deutschlands zweitgrößter Carrier, Air Berlin, stellt das Fernstrecken-Engagement auf den Prüfstand. Im Rahmen des Sparprogramms Jump, das Air Berlin derzeit durchführt, würden die Rentabilität der LTU-Langstrecken untersucht, berichteten verschiedene Medien.
Rita Münck
Die sinkende Nachfrage ist schuld: Gut eineinhalb Jahre nach der Übernahme des Ferienfliegers LTU untersucht Air Berlin, ob eine Fokussierung auf die Mittelstrecke sinnvoll sei, bestätigte ein Sprecher der Air Berlin am Sonntag der Nachrichtenagentur DPA: "Es kann auch ein Verkauf der LTU-Langstrecke herauskommen", sagte er. Das Ergebnis der Prüfung sei völlig offen.
Auf der Langstrecke gebe es Buchungsrückgänge durch Reiseveranstalter. Insidern zu folge soll das Veranstalter-Geschäft bei Air Berlin allein in diesem Januar um 25 Prozent gegenüber Januar 2008 eingebrochen sein. Daraufhin hatte die Airline vor zwei Wochen erste Kürzungen im Langstreckensegment verkündet (siehe fvw.de vom 20. Februar 2009).
Für die LTU-Langstrecken sind nach Unternehmensangaben einige Hundert Mitarbeiter aktiv. Die Jets sind in erster Linie auf touristischen Routen in die Dominikanische Republik, in die USA, nach Kanada und auf die Malediven unterwegs. Air Berlin übernahm die LTU im August 2007.
Neben der sinkenden Nachfrage machen der Airline die Gewerkschaften zu schaffen. Aktuell arbeitet Air Berlin an einem neuen Tarifvertrag mit der Vereinigung Cockpit (VC). Die hatte Mitte Februar die Tarifverhandlungen für die Gruppe schon nach der ersten Runde für gescheitert erklärt. Air Berlin habe Beschäftigungssicherung bis Ende 2010 für das Cockpitpersonal plus 3,5 Prozent Tariferhöhung wie beim Bodenpersonal angeboten. Der Forderungskatalog der Pilotenvereinigung habe zwar keine Prozentzahl enthalten, sei aber umfangreich und würde erhebliche Mehrkosten verursachen, erläuterte der Unternehmenssprecher.
Ursprüngliche Idee von Air-Berlin-Lenker Joachim Hunold war es, nach der Übernahme der LTU auf der Langstrecke richtig abzuheben. Im Juli 2007 bestellte Air Berlin deshalb 25 Großraumflugzeuge vom Typ "Dreamliner 787" bei Boeing im Wert von vier Milliarden US-Dollar. Die Flugzeuge sollen ab 2013 geliefert werden. Der Kauf sei Teil der Strategie von Air Berlin, sich im Langstreckensegment zu etablieren, erklärte Hunold damals. Es ist fraglich, wie Air Berlin mit dieser Bestellung umgeht, wenn sie sich jetzt vom Langstreckensegment verabschiedet. Eine Abbestellung der Jets dürfte allerdings zusätzliche, immense Kosten verursachen.